Vom DRK-Freiwilligendienst ins Medizinstudium

08.07.2022

Ein jedes Jahr beliebter Einsatzort für den Freiwilligendienst sind vor allem Krankenhäuser. So auch im Universitätsklinikum Magdeburg. Die 20-jährige Hanna Kriependorf ist seit September 2021 in der Zentralen Notaufnahme eingesetzt.

FSJ'lerin Hanna Kriependorf in Dienstkleidung in einem OP-Saal des Universitätsklinikums Magdeburg

Ein jedes Jahr beliebter Einsatzort für den Freiwilligendienst sind vor allem Krankenhäuser. Sowohl in Vorbereitung für eine Ausbildung zur Pflegefachkraft oder Krankenpflegehilfe als auch als Vorerfahrung oder Pflegepraktikum für Medizinstudierende ist der Freiwilligendienst dort von Vorteil. So auch im Universitätsklinikum Magdeburg. Die 20-jährige Hanna Kriependorf ist seit September 2021 in der dortigen Zentralen Notaufnahme eingesetzt. In diesem Interview erzählt sie uns davon, wie sie zum Freiwilligendienst kam, welche Aufgaben tagtäglich auf sie zukommen und wie es nach dem FSJ für sie weitergeht.

Redaktion: Bitte stellen Sie sich kurz vor.

Hanna Kriependorf: Hey! Mein Name ist Hanna. Ich bin 20 Jahre alt und habe mich nach meinem Abitur für ein Jahr im Freiwilligendienst entschieden. Im Rahmen des Freiwilligenprogramms des Deutschen Roten Kreuzes bin ich in der Zentralen Notaufnahme der Uniklinik Magdeburg eingesetzt. Seit neun Monaten arbeite ich nun schon in der Notaufnahme, was leider auch heißt, dass meine Zeit dort schon bald wieder ein Ende findet. Jedoch habe ich in diesem Jahr meine Leidenschaft für den Beruf der Pflegefachkraft entdeckt und mich dazu entschieden, vor meinem Studium erst eine Ausbildung zu absolvieren. Diese darf ich natürlich in der Uniklinik durchführen, was bedeutet, dass mich das Team der Notaufnahme hoffentlich bald als Schülerin und danach vielleicht sogar als ausgebildete Fachkraft wiedersieht.



Wie sind Sie auf den Freiwilligendienst beim DRK aufmerksam geworden?



Schon seit der achten Klasse weiß ich, dass es beruflich für mich auf jeden Fall in

den medizinischen Bereich geht. Nach dem Abitur war es mir für ein Medizinstudium doch etwas zu früh, weswegen ich mich übergangsweise für eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin beworben habe. Meine Bewerbungen hatten leider alle keinen Erfolg und sämtliche  Bewerbungsfristen anderer Berufe waren dann mittlerweile auch schon abgelaufen. Dann kam mir die Idee, mich auf freiwilliger Basis im Krankenhaus zu engagieren, woraufhin ich auf der Internetseite der Uniklinik Magdeburg nach möglichen Einsatzstellen gesucht habe. Dort wurde ich direkt zum Deutschen Roten Kreuz weitergeleitet.



Wieso haben Sie sich für Ihre Einsatzstelle entschieden?



Die Zentrale Notaufnahme als Einsatzstelle wurde mir schon im  Vorstellungsgespräch von den pädagogischen Mitarbeitern des DRK vorgeschlagen. Bis dahin hatte ich gar nicht auf dem Schirm, dass man als freiwilliger Leihe in solchen Bereichen eingesetzt werden kann. Den Vorschlag habe ich natürlich sofort dankend angenommen, da mir bewusst war, was da Aufregendes auf mich zukommen würde.



Was sind Ihre Aufgaben und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?



In der Notaufnahme unterstütze ich die Pflegekräfte und auch die Ärzte, wo ich

kann. Natürlich beschränken sich meine Aufgaben dabei auf Helfertätigkeiten, die einem die kleinen Steine aus dem Weg räumen, was in Notsituationen aber auch viel wert ist. Meine Schicht beginnt meist um sieben Uhr in der Früh. Da die Notaufnahme um diese Zeit noch nicht allzu sehr mit Patienten gefüllt ist, habe ich die Bahn frei, um einmal durch alle Zimmer zu ziehen, um dort Ordnung zu schaffen, Oberflächen zu desinfizieren und Pflegeutensilien aufzufüllen. Außerdem bin ich mit der Kontrolle unseres Containersystems, der Prüfung unserer  Lagerbestände und sämtlichen Botengängen, teilweise quer über das Gelände der Uniklinik, gut beschäftigt. Wenn ich damit fertig bin, werde ich mittlerweile auch aktiv von meinen Kollegen in die Behandlung der Patienten mit einbezogen. Dabei darf ich unter Aufsicht EKG schreiben, die Patienten an das Monitoring anschließen, COVID-Abstriche machen, Fieber messen, Laboraufträge ausdrucken, Patiententransporte bestellen und vieles mehr. Ich darf beispielsweise auch gern assistieren, wenn Blasenkatheter gelegt werden oder wir Patienten für eine Operation umziehen müssen. Zudem bin ich immer zur Stelle, wenn Patienten klingeln, und begleite diese beispielsweise zur Toilette. Nach meiner Pause nutze ich immer die Gelegenheit, auch in unserer Küche und unserem Aufenthaltsraum einmal für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen, wofür mir meine Kollegen auch sehr dankbar sind.



Gibt es einen besonderen Moment, der Ihnen in Erinnerung geblieben ist?



Ich erinnere mich sehr gut an eine Patientin mittleren Alters, die zu uns gebracht wurde, da sie suizidale Absichten geäußert hatte. Zu der Zeit habe ich zwei Monate

in der Notaufnahme gearbeitet. Bei einem meiner „Kontrollgänge“ kam ich auch an ihrem Zimmer vorbei und fragte sie, ob ich Ihr noch etwas Gutes tun könnte. Sie meinte dann zu mir, dass sie nur sterben wolle. „Damit kann ich nicht dienen, aber brauchen Sie vielleicht eine Decke oder ein Kopfkissen? Haben Sie Durst?“, habe ich sie gefragt. Wirklich bejaht hat sie diese Fragen nicht, ich habe ihr trotzdem ein Kissen und einen Becher Wasser gebracht und sie zugedeckt. Sie meinte dann, dass ich einen tollen Job mache. Daraufhin habe ich mich zu ihr gesetzt und bin mit ihr ins Gespräch gekommen. Mit einem Lächeln im Gesicht hat sie mir von ihrer Zeit als Kindergärtnerin erzählt und wie gern sie diesen Beruf ausgeführt hat. „Vielen Dank, jetzt geht es mir schon wesentlich besser“, sagte sie zu mir nach unserer kleinen Unterhaltung. Diese Worte von einer suizidalen Patientin zu hören, hat mich besonders gerührt, mich stolz gemacht und bereitet mir bis heute Gänsehaut. Manchmal braucht es eben nur ein offenes Ohr und ein bisschen Zuneigung und dafür muss man nicht zwingend ausgebildet sein.



Was würden Sie Ihrem Nachfolger, Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?



Halte die Augen offen und zeig vollen Einsatz! Es lohnt sich wirklich, denn wenn die Kollegen im Team einmal mitbekommen haben, dass Du gewillt und fleißig bist, wird Dir sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit entgegengebracht. Versuche,

so viel wie möglich zu sehen, mitzuerleben und zu lernen. Wenn man schon weiß, in welchen Bereich es beruflich einmal gehen soll, ist ein Freiwilligendienst in diesem Bereich echt eine perfekte Möglichkeit, den Beruf auf Dauer auszutesten, zu sehen, wie weit man gehen und aus seiner Komfortzone kommen kann. Mich hat die Arbeit in der Notaufnahme extrem geprägt und geerdet. Ich bin innerlich gewachsen, selbstbewusster, stärker und schlagfertiger als je zuvor und ich durfte so viele tolle Menschen kennenlernen. Eine Aufgabe zu haben und dafür so viel Dankbarkeit zu erfahren, hat mir selten so gutgetan. Darüber, dass ich mich davon bald verabschieden muss, will ich gar nicht so genau nachdenken. Wenn man sich  reinhängt, Einsatz zeigt, sowohl mit Kopf als auch mit Herz, kann man im Freiwilligendienst eine echt wertvolle und tolle Zeit erleben. Ich für meinen Teil, werde diese Zeit nie vergessen.